Dampfbad Vierordtbad – Karlsruhe

Keramik Kunst im Dampfbad | Hilpert und Majolika arbeiten zusammen

Im Karlsruher Vierordtbad hat Kunst am Bau Tradition. Aus der Majolika Keramik Manufaktur Karlsruhe stammt unter anderem das große keramische Relief im Forum der Therme. Seit kurzem ziert die keramische Kunst auch ein Dampfbad, das Hilpert plante und realisierte. Der Künstler Wolfgang Thiel entwarf und bemalte zwei Wandbilder und modellierte eine Plastik.


weiter...

Das Vierordtbad stammt aus klassizistischer Zeit und ist das älteste Bad in Karlsruhe. Heute beherbergt es eine stilvolle Therme. Hier finden regelmäßig auch Kulturfreitage statt, an denen Entspannung und Kultur niveauvoll verknüpft werden. Ein Besuch in der Therme ist nicht nur ein Genuss für Körper, Geist und Seele, sondern auch für die Augen mit der historischen Innengestaltung und den halbjährlich wechselnden Kunstgemälden von regionalen Künstlern.

Ein breit gefächertes Angebot erwartet die Badegäste des Vierordtbads: Unterschiedliche Innen- und Außensaunen, Tepidarium, Dampfbad, Warmluftbad, Kalt- und Warmwasserbecken sowie attraktive Außen- und Innenhöfe gehören dazu.

Griechische Mythologie
Das bisherige Dampfbad war modernisierungsbedürftig. Im Auftrag der Karlsruher Bäderbetriebe entwickelte daher Hilpert eine zeitgemäße Lösung, die sowohl funktional als auch ästhetisch überzeugt. Dabei integrierte der Thermenprofi auf Wunsch des Bauherrn die von Wolfgang Thiel in der Karlsruher Manufaktur gefertigten Kunstwerke. Auf Basis der Raumplanung von Dipl.-Ing. Helmut Hilpert entwickelte Thiel zwei Wandbilder und eine Plastik.

Sie stellt Hygieia dar, die griechische Göttin der Gesundheit und der Reinlichkeit. Sie wird bereits im Brunnen vor dem Bad zitiert. „Ich setzte Hygieia nackt auf den zentralen Sockel, nackt wie die Besucher im Dampfbad. Sie kniet. Die leichte Körpermodellierung der kubischen Figur schafft Sinnlichkeit und eine haptisch-weiche Formulierung“, erläutert Wolfgang Thiel. Ihre Haltung suggeriert die eines in sich ruhenden, meditierenden Menschen.

Das linke Bild zeigt ein antikes Thema: Das Urteil des Paris. Ein von der Göttin Iris eingeworfener, goldener Apfel – jener legendäre Zankapfel – stiftet Streit unter Göttinnen, denn er soll nur der schönsten gehören. „Allerdings macht das Thema bei mir einen „gender-turn“, denn nicht Paris, sondern Aphrodite darf über drei schöne Männer urteilen“, beschreibt Thiel. „In dem antiken Thema geht es um körperliche, geistige Schönheit, Sinnlichkeit und um geistige Frische. Ein Thema das den Absichten der Dampfbadbesucher ganz entsprechen dürfte.“ Passend dazu sind die Farben gewählt: Hell und dominiert durch das vitale Lichtfarbenduo gelb-grün.

Eine kräftige Binnenzeichnung durch Gravuren bestimmt den größten Kontrast und ist
auch in Dampfdichte bemerkbar. Die Farben setzte Thiel mit großen Pinselbesen spontan und gezielt.

Im rechten Bild stellt der Künstler der Paris-Gruppe ein konträres Motiv gegenüber – eine Großaufnahme von Köpfen und sinnlichen Händen: Ein Händepaar und drei sich überschneidende, sehr ähnliche Frauenköpfe, die alle auf nur einer Schulter ruhen und
alle ihren Blick dem Betrachter zuwenden. Ihre mit dem Hintergrund verschmelzenden, offenen Konturen suggerieren die schweifende Drehbewegung des Kopfes.
„Ist es eine hastige Bewegung, um sich im Nebel besser orientieren zu können? Oder ist`s der suchende Blick von nur einer Person? Wohin schaut sie? Zu Dir? Oder hilft sie bei der Entscheidung der Aphrodite abwägend mit? Das will unausgesprochen bleiben und den
Gestaltungsmöglichkeiten und der Fantasie des Betrachters überlassen sein“, lässt Thiel bewusst offen.

Kooperation mit Zukunftspotential
Die Badegäste sind begeistert vom neuen Dampfbad und den Kunstwerken. Weil das Projekt so erfolgreich verlief und der Auftraggeber überaus zufrieden ist, wollen Hilpert und Majolika auch in Zukunft enger kooperieren. „Völlig reibungslos war die Zusammenarbeit aller Beteiligten“, bestätigen Majolika-Geschäftsführer Dr. Dieter Kistner und Helmut Hilpert.

Beide Unternehmen verbindet außerdem ihre langjährige Erfahrung, die Liebe zum natürlichen Werkstoff Ton und ein ausgeprägter Sinn für Ästhetik. Thermenprofi Hilpert blickt auf eine fast 60-jährige Tradition als Keramikmanufaktur zurück. Neben Kaminen und Kachelöfen sind es heute vor allem Thermen und Bäder, in denen diese formenreiche Keramik gefragt ist. Daher zählt außer der Herstellung der Keramik für Dampfbäder, Wärmeräume und Traumbäder insbesondere deren Konzeption und Ausführung zum Leistungsumfang. Private, öffentliche und gewerbliche Bauherren im In- und Ausland schätzen die ideenreichen Konzepte, das handwerkliche Know-how und die Innovationskraft des mittelständischen Unternehmens.

Die Majolika ist eine traditionsreiche, hochangesehene Kunstwerkstatt, die 1901 von Großherzog Friedrich I gegründet wurde. Sie trägt viele Handschriften: berühmte Künstler von nah und fern, von regionalem wie von internationalem Rang bestimmen seit Jahrzehnten den Charakter der Manufaktur und ihrer Produkte. Nach deren Entwürfen formen, gießen, retuschieren und bemalen versierte Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter meisterhafte Keramiken. Seit August 2011 ist die neugegründete Majolika-Stiftung für Kunst- und Kulturförderung Karlsruhe alleinige Gesellschafterin des Unternehmens.

Gelungene Synthese
Im neuen Dampfbad des Vierordtbads zeigen sich die Stärken beider Unternehmen deutlich. Der erfahrene Thermenbauer Hilpert entwarf den Raum, plante die zuverlässigen technischen Anlagen, stimmte die Glasuren farblich auf die künstlerische Keramik ab und stellte die formenreiche Keramik zur Gestaltung des Raums individuell her. Schließlich baute das Team von Hilpert das komplette Dampfbad und brachte auch die keramischen Kunstwerke an.

Das Dampfbad von Hilpert erfüllt hohe Anforderungen an Funktion und Design: So bekleidet großformatige, von Hand gefertigte Keramik beispielsweise die Sitzflächen der warmen Bänke. Mit ihrem geringen Fugenanteil trägt sie zur Hygiene im feucht-warmen Klima bei. Sauberkeit und Komfort unterstützt auch die raffinierte Konstruktion der Dampfbaddecke. Wegen ihrer gewölbten, glatten Form läuft das Kondenswasser zur Wand hin ab, statt auf den Badegast zu tropfen oder sich gar in den Ecken festzusetzen.

Majolika war für den künstlerischen Part verantwortlich. Am Anfang stand ein Wettbewerb. „Wie immer bei unseren Projekten, bei denen es um Kunst am Bau geht, haben wir dem Bauherrn drei Künstler vorgestellt“, berichtet Dr. Kistner. Die Karlsruher Bäderbetriebe entschieden sich schließlich für Wolfgang Thiel. Für ihn fertigte Majolika die Plattenrohlinge, die Thiel in einem von acht Ateliers der Manufaktur bemalte. Die Statue baute Thiel von Hand auf. Zum Schluss verliehen die Spezialisten von Majolika der Keramik durch den Brand ihre Widerstandsfähigkeit.

Die Resonanz der Gäste könnte nicht besser sein. „Sie gehen sogar direkt auf unser Personal zu und sprechen ihr Lob aus für diese neue Attraktion“, berichtet Oliver Sternagel, Leiter der Karlsruher Bäderbetriebe. Vor allem gefällt, dass hier heimische Keramik in so gelungener Weise den Raum gestaltet.


Download

Pressetext: Kunst im Dampfbad | Hilpert und Majolika arbeiten zusammen (PDF)